Mit Sensibilität und Strahlkraft – Yunus Kaya begeisterte vor allem mit Brahms und Saygun
Die Klavierstücke op. 116-119 von Johannes Brahms liegen Yunus Kaya besonders nahe. Dies bewies er nicht nur mit der viel beachteten CD-Einspielung, für die er im vergangenen Jahr international hervorragende Kritiken erhalten hat. Auch beim Konzert im Feldkircher Pförtnerhaus entwickelte der Pianist in den Darbietungen der Brahmswerke einen inneren Dialog und eine tiefe Deutungskraft. So stellte sich im Saal eine wunderbar konzentrierte Höratmosphäre ein. Die Dramaturgie der Werkauswahl war gut proportioniert und viel gäbe es über jedes Stück zu erzählen. Besonders in Erinnerung blieben das poesievoll gesungene Intermezzo op. 116/4 und die wallende Korrespondenz der Themen im „Capriccio“ op. 116/7. Hervorragend tarierte Yunus Kaya den schwebenden Duktus im Intermezzo op. 117/1 aus und leidenschaftlich bewegt musizierte er das Intermezzo op. 118/2. Zum Schluss erklang das Allegro risoluto der „Rhapsodie“ op. 119/4 kraft-, schwung- und freudvoll ausgestaltet.
Seine musikalische Reise vom Bosporus bis nach Hamburg startete Yunus Kaya in Venedig mit Fréderic Chopins „Barcarolle“ op. 60. Zwar stellte sich der wiegende Barcarolle-Rhythmus ein, aber der für Yunus Kaya so kennzeichnende, feinsinnig und eher orchestral gedachte Klavierklang ließ auf sich warten. Dies betraf auch die Interpretation der Mozartsonate KV 281. Humorvoll ausformuliert erklangen das außergewöhnliche Hauptthema und die überraschenden Enden der Phrasierungsbögen, aber insbesondere die Vorder- und Nachsätze der Themen modellierte Yunus Kaya im ersten Satz mit fast zu großen dynamischen Kontrasten. Die innige Zwiesprache der Themencharaktere wurde im Andante betont, bevor im Finale vor allem die kantig geschnittenen Vorschlagsmotive aufhorchen ließen. Nicht zuletzt lag ein Grund der mitunter fehlenden Klangbrillanz auch am Bösendorfer selbst beziehungsweise an dessen Positionierung auf der Bühne, denn insgesamt wirkte die Klangcharakteristik des Flügels etwas „lärmend“ und schwerfällig.
Die Werke von Ahmed Adnan Saygun kennt Yunus Kaya genau. Im Rahmen der Masterarbeit zum Abschluss seines Studiums am Salzburger Mozarteum widmete er sich dem Oeuvre des türkischen Komponisten. Die Interpretation der virtuosen „Sonatina“ op. 15 mit den aus türkischen und osteuropäischen Volksliedern herauskristallisierten Motiven, ungeraden Rhythmen, motorischen Tonrepetitionen, quirligen Gegenbewegungen und modalen Skalenbildungen war ein mitreißendes Hörerlebnis. Einen fulminanten Schlusspunkt setzte Yunus Kaya im „Horon“ mit effektvoll gestalteten, donnernd phrasierten Tonballungen.
Silvia Thurner